1 Samuel 3

Das Wort des HERRN ist selten

Das Priestertum steht unter Gericht. Gott hat das Urteil ausgesprochen. Das ebnet den Weg für den Propheten Gottes. Auf diese Weise verhindert Gott, dass im Umgang mit seinem Volk eine Lücke entsteht. Er wird immer eine Verbindung geben zwischen seinem Volk und sich selbst, wie groß das Versagen seines Volkes auch sein mag. Bevor das Gericht über Eli und sein Haus vollzogen wird, macht Gott seinem Volk klar, wie Er nun zu ihnen kommt, um seinen Willen kundzutun, und das ist durch einen Propheten.

Das Wort Gottes hat in jenen Tagen einen geringen Platz unter Gottes Volk. Das ist heute genauso. In der Bibel wird kaum noch gelesen oder es muss sich um eine leicht lesbare Übersetzung handeln. Es geht oft nicht darum, Gottes Gedanken kennenzulernen, sondern um die Befriedigung von religiösen Gefühlen, die einem jeden Menschen eigen sind.

Dass Gesichte nicht häufig waren, bedeutet, dass es keine öffentlichen Mitteilungen von Gottes Willen über sein Volk gibt. Das bedeutet, dass Finsternis über dem Volk liegt. Doch auch in den dunkelsten Zeiten hat Gott einen Zeugen für seinen Namen. Wer wirklich für Gott ist, wird nicht lange ohne eine Botschaft von Gott bleiben. So jemand ist der junge Samuel.

Er dient dem HERRN, aber immer noch unter der Aufsicht von Eli. Er dient dem HERRN, trotz der bösen Lebensweise der Söhne Elis. Sowohl die Aufsicht des schwachen Eli als auch die Gesellschaft der gottlosen Söhne hat der HERR zu dem Umfeld bestimmt, in dem die Ausbildung Samuels stattfinden soll. In dieser dunklen Umgebung wird das Licht der Treue Samuels zum HERRN umso mehr strahlen.

Der HERR ruft Samuel

Zu der von Ihm bestimmten Zeit offenbart sich der HERR Samuel. Das passiert in der Nacht. Eli und Samuel sind zu Bett gegangen. Es gibt jedoch einen kleinen Unterschied in der Weise, in der das von jedem von ihnen gesagt wird. Wir lesen von Eli, dass er „an seinem Ort lag“, während wir von Samuel lesen, dass er sich im Tempel „schlafen gelegt hat“, wie es auch übersetzt werden kann. Bei dem, was wir von Eli wissen, ist es denkbar, dass er sein Bett liebt und dort viel Zeit verbringt. In ihm, dem schlafenden Hohenpriester, sehen wir ein Bild vom geistlichen Zustand des Volkes in diesen Tagen. Dieser Gedanke wird verstärkt durch die Erwähnung, dass er nicht mehr sehen kann. Eli ist nicht nur körperlich, sondern auch geistlich blind.

Von Samuel lesen wir, dass er sich schlafen gelegt hat. Dies ist ein Hinweis auf eine Aktivität nach einem Arbeitstag. Er brauchte es. Wenn er ins Bett geht, muss die Lampe Gottes bald ausgemacht werden. Die Lampe Gottes ist der Leuchter in der Stiftshütte. Es ist Nacht und die Lampe brennt noch schwach. Aber gerade, wenn die Nacht am dunkelsten ist, gibt es Hoffnung auf den Anbruch des Tages. Ein neuer Tag steht kurz davor anzubrechen, um neues und helles Licht zu geben durch diesen jungen Samuel, der fast erwachsen ist und in der Nähe der Bundeslade schläft.

Wenn die Menschen schlafen, schläft und schlummert der Heilige Israels nicht. Der HERR spricht zu Samuel, nicht zu Eli. An Eli kann Er sich nicht wenden. Als der HERR Samuel ruft, hört Samuel eine Stimme, als ob Eli ihn ruft. Es muss wie eine menschliche Stimme geklungen haben. Obwohl Samuel nicht weiß, dass der HERR ihn ruft, gehorcht er sofort. Gehorsam ist der Ausgangspunkt für alles geistliche Wachstum und für jede Zunahme im Dienst.

Eli hat keine Ahnung, dass der HERR Samuel gerufen haben könnte. Er ist blind und taub dafür. Er kann nur sagen, dass der Junge sich wieder hinlegen soll und versuchen soll, zu schlafen. Wir können darin ein Bild der Beruhigung des Gewissens in Hinblick auf den Zustand, in dem wir leben, sehen. Wir wollen lieber nicht gestört werden und wenn es etwas gibt, das uns in unserer Ruhe stört, fragen wir nicht weiter. Wir möchten gerne so schnell wie möglich wieder Ruhe haben.

Es besteht immer die große Gefahr, dass wir in einen geistlichen Zustand der Schläfrigkeit geraten und darin bleiben, weil wir uns darin wohl fühlen (1Thes 5:6). Dann müssen wir wachgerüttelt werden. Der Herr muss zu uns sagen: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ (Eph 5:14). Wenn wir selbst schläfrig sind, werden wir andere, die noch wachsam sind, zur Schläfrigkeit ermutigen. Achten wir darauf, dass wir zu niemandem sagen: „Leg dich doch wieder hin und schlaf weiter“, wenn Gott zu ihm spricht!

Als Samuel ein zweites Mal gerufen wird, antwortet Eli wieder, dass er ihn nicht gerufen hat und dass Samuel sich einfach wieder hinlegen soll. Samuel wird das wohl getan haben. Trotzdem steht es dort nicht, sondern wir lesen eine Art Erklärung dafür, dass Samuel sich wieder hingelegt hat. Er kennt den HERRN nämlich noch nicht. Das bedeutet nicht, dass er nicht an Ihn glaubt. Samuel glaubt sicherlich an den HERRN, aber sein ganzer Kontakt mit dem HERRN ist bisher über Eli gelaufen. Eli hat Samuel nicht gelehrt, auf die Stimme des HERRN zu hören. Das kann er auch gar nicht, weil er die Stimme des HERRN selbst nicht kennt. Für den HERRN ist jetzt die Zeit gekommen, dass Er sich selbst Samuel offenbart.

Als Anwendung können wir sagen, dass Samuel bisher nur von anderen von dem HERRN gehört hat, wie so viele junge Menschen heute. Viele junge Menschen wissen durch ihre Eltern das eine oder andere über den Herrn Jesus. Das mag für einige Zeit normal sein, aber es muss irgendwann eine persönliche Begegnung mit Ihm stattfinden. Kinder können sich nicht fortwährend auf den Glauben ihrer Eltern oder der Älteren stützen, sonst werden sie nicht erwachsen. Um geistlich reif zu werden, müssen die geistlichen Augen anfangen, die Herrlichkeit des Herrn Jesus zu sehen.

Der HERR ruft geduldig zum dritten Mal. Er weiß, dass es Unwissenheit und kein Unwille ist. Diese Geduld müssen wir auch miteinander haben und vor allem mit denen, die wir für schwer von Begriff halten. Als Samuel zum dritten Mal zu Eli geht, versteht dieser endlich, dass der HERR Samuel gerufen hat. Das muss ihm etwas gesagt haben. Er muss ihm gedämmert haben, dass Gott nicht ihn gerufen hat, sondern den Jungen. Wir sehen hier, dass es in jeder neuen Generation junge Menschen gibt, die etwas vom HERRN empfangen haben, was Er den Älteren nicht gegeben hat oder nicht geben konnte. In diesem Fall kann Er es nicht geben, weil Eli geistlich nicht in der Lage ist, seine Stimme zu verstehen.

Wir spüren bei Eli keine Eifersucht darüber, dass der HERR an ihm vorbeigeht und sich Samuel offenbart. Als er realisiert, dass der HERR Samuel ruft, gibt er einen guten Ratschlag. Samuel soll sich, sobald der HERR ihn wieder ruft, sich als ein williger Zuhörer vor Ihn stellen und als Diener verhalten. Samuel macht es so. Mit der doppelten Erwähnung seines Namens ruft der HERR Samuel zum vierten Mal. Es ist etwas Besonderes, wenn Namen zweimal genannt werden. Wir finden es noch einige Male in der Schrift, dass der HERR oder der Herr Jesus Namen den Namen von jemandem zweimal nennt, wenn Er sich an ihn wendet, zum Beispiel „Abraham, Abraham“ (1Mo 22:11) und „Saul, Saul“ (Apg 9:4).

Als Antwort auf den Ruf des HERRN sagt Samuel nicht: „Rede, HERR“, wie Eli es ihm gesagt hat. Er tut dies sicher nicht aus Ungehorsam gegenüber Eli, sondern wahrscheinlich aus Ehrfurcht, weil er sich nicht würdig fühlt, diesen Namen zu nennen. Dies steht im krassen Gegensatz zu der großen Popularität, mit der der Name des Herrn Jesus heute oft genannt wird. In vielen Predigten und sogenannten Anbetungsgottesdiensten fehlt es doch an Ehrfurcht vor diesem Namen. Respektlos wird sein Name – Jesus, ohne Ihn Herrn zu nennen – genannt.

Es ist auch wichtig, dass wir Respekt vor all denen haben, die Gott über uns gestellt hat, wie Eltern, Ältere und Regierende. Das wird von Gott in seinem Wort vorgeschrieben (Eph 6:1-3; 3Mo 19:32; Röm 13:7). Auch das ist heute wenig vorhanden. Wenn die Achtung vor Gott verschwindet, verschwindet sie auch aus der Gesellschaft.

Das Urteil über Eli und sein Haus

Gott offenbart seine Gedanken denen, die einen gehorsamen Geist haben und nicht hoch von sich selbst denken. Er offenbart sie den „Unmündigen“ oder „kleinen Kindern“ (Mt 11:25). Die Offenbarung, die Samuel erhält, kommt zu einer Zeit, in der sich Israel an einem Tiefpunkt seiner Geschichte befindet. Gott muss das Gericht über das Priestertum kommen lassen. Gleichzeitig kommt mit Samuel eine neue Zeit für Israel. Das Gericht kommt nicht nur über die Söhne, sondern auch über Eli und sein Haus. Das Urteil ist endgültig. Sie haben mit erhobener Hand gesündigt, also wissentlich, wider besseres Wissen, und dafür gibt es kein Opfer.

Die Botschaft, die der HERR für Eli und sein Haus hat, wird tief treffen und lange nachhallen. Eli wird vorgeworfen, nichts gegen das Böse getan zu haben, obwohl er es gesehen hat. Böses zu sehen und zu erkennen und nicht dagegen zu handeln, während die Verantwortung da ist, ist genauso schlimm, wie es selbst zu tun. Wir können dies auf Gläubige anwenden, die Teil einer Kirche bleiben, in der die Sünde nicht gerichtet wird. Man kann seine Stimme erheben, aber wenn nichts passiert, ist man mitschuldig an dem Festhalten am Bösen, wenn man dort bleibt. Wenn das Böse nicht gerichtet wird, muss man selbst weggehen.

Was der HERR gesagt hat

Im Allgemeinen ruft Gott einen Propheten nicht, um eine frohe Botschaft zu predigen. Die erste Botschaft, die Samuel bringen muss, ist die des Gerichts. Er wird nicht mehr geschlafen haben, im Bewusstsein des Ernstes der Offenbarung. Seine Botschaft machte ihn nicht stolz. Er ist nicht glücklich, Eli das Urteil mitteilen zu müssen. Zum ersten Mal macht er Bekanntschaft mit der Last einer prophetischen Botschaft, jemandem, den er liebt, schätzt und ehrt eine unangenehme Botschaft weiterzugeben.

Der HERR befiehlt Samuel nicht, Eli die Offenbarung mitzuteilen, aber er fühlt, dass er es muss. Eli hilft Samuel, zu sagen, was er vom HERRN gehört hat. Obwohl Gott nicht zu ihm, dem Hohenpriester, gesprochen hat, will er hören, was Gott gesagt hat. Er versteht, dass es um ihn geht. Jetzt kommt der Moment, in dem Samuel ein Prophet wird. Dies ist der Moment, in dem er die Worte Gottes zu Eli spricht.

Prophetendienst ist oft schwierig. Es ist das Aussprechen von Ermahnung zur richtigen Zeit. Jeremia ist auch jung, als er den Auftrag zum Prophezeien bekommt, und wird vom HERRN ermutigt: „Da sprach der HERR zu mir: Sage nicht: Ich bin jung; denn zu allen, wohin ich dich senden werde, sollst du gehen, und alles, was ich dir gebieten werde, sollst du reden. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin mit dir, um dich zu erretten, spricht der HERR. Und der HERR streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an, und der HERR sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund“ (Jer 1:7-9). Der Schwächste ist wie der Stärkste, wenn er die Worte Gottes auf seinen Lippen hat.

Eli akzeptiert das Gericht Gottes. Er sträubt sich nicht dagegen, sondern erkennt die Größe und Gerechtigkeit des HERRN an. Damit erkennt er auch Samuels prophetischen Dienst an. Er zeigt jedoch keine Reue und verurteilt seine Söhne auch nicht. Er beugt sich unter das Urteil Gottes, das ist alles, was er tun kann.

Der HERR ist mit Samuel

Samuel wird groß. Er wächst nicht nur körperlich, sondern vor allem auch geistlich. Weil er mit dem HERRN lebt, ist der HERR mit ihm. Der HERR freut sich darüber, dass Er sich mit Samuel verbinden kann. Er lässt ganz Israel, vom äußersten Norden, wo Dan liegt, bis zum äußersten Süden, wo Beerseba liegt, sehen, dass Samuel sein Prophet ist, indem Er alle seine Worte, die Samuel spricht, in Erfüllung gehen lässt.

Es ist, als würden wir die Freude des Heiligen Geistes hören, wenn Er sagt, dass der HERR fortfährt, in Silo zu erscheinen. Der HERR freut sich darüber, dass es jemanden gibt, dem Er sich offenbaren kann, jemanden, der Ihn kennt und für Ihn lebt. Wir haben hier das Gegenteil von 1Sam 3:7. Samuel kennt den HERRN jetzt und der HERR offenbart sich ihm. Er tut dies durch sein Wort. Das ist immer noch die Art und Weise, wie Gott sich den Seinen, uns, offenbart.

Alle Offenbarungen an Samuel beweisen dem Volk, dass es eine neue Verbindung zwischen ihnen und dem HERRN gibt. Er offenbart sich seinem Volk durch den Propheten, nicht mehr durch den Hohenpriester. Samuel hat ein offenes Ohr. Solchen Menschen kann Gott seinen Willen kundtun, und solche Menschen kann er für seinen Dienst an seinem Volk gebrauchen.

In gewisser Hinsicht ist Samuel auch noch Priester und König. Gott legt in Zeiten des Verfalls oft mehrere Eigenschaften in eine Person hinein. Gott konzentriert in Zeiten des Verfalls oft mehrere Merkmale in einer Person. Samuel ist der erste von ihnen (Apg 3:24). Er ist auch der letzte Richter, er schließt sozusagen die Zeit, in der Gott durch Richter mit seinem Volk in Verbindung stand, ab (Apg 13:20b).

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